Sunday, February 13, 2022

A few thoughts on Beethoven's "Funeral March on the Death of a Hero" from Piano Sonata No 12 op 28/ Einige Gedanken zu Beethovens "Trauermarsch auf den Tod eines Helden" aus der Klaviersonate No12, op 26



I’ll always associate this movement with a dear friend from college, who played the sonata in her final exam. In the weeks leading up to it, we met at 8 am every morning and performed our programs for each other. That way, I got to know the sonata quite well. “This would be my favorite piece,” said my friend “if it weren’t for that cursed funeral march…”

I identified with that. Growing up in Germany in the 1950’s and 60’s, World War 2 still very much alive in the stories of the generation that raised us and the Cold War an actual threat that hung over us, marches evoked images of the military, of oppression, cruelty and death. Even renowned pianist, teacher and scholar Jürgen Uhde (1913-1991), writes in his commentary on the Beethoven Sonatas:  The programmatic content of such pieces, not uncommon in Beethoven’s compositions, leaves us somewhat unmoved these days, as we’ve grown tired of heroes who engage in war-like activities.“ 

( Jürgen Uhde, Beethoven’s Klaviermusik II, Sonaten 1-15, Stuttgart 1970, P 326, translation BM)


The memory of these reactions came alive when I eventually played the sonata myself and discussed it with my teacher. We had quite an argument over the expression, e.g. the appropriateness of using rubato, which I took to be a token of personal emotion; something that, in my opinion, did not have a place in a piece that illustrated the workings of a destructive machinery that erases all individuality. 


Recently, I shared the sonata at a recital with one of my students, who was studying it, but not ready yet to play the entire piece. She performed the first and the last movement, I took on movement 2 and 3.


So, here I was, back with the funeral march. In the course of reviving it, the piece grew on me, to the point where I could acknowledge and appreciate  its mastery. 


It may well be the eeriest piece Beethoven has ever written. I discovered that I was afraid of it - or the expression it conveys: the relentlessness of a machinery that rolls over you, and the magnitude of the sacrifice.


Every funeral march is somber and has an air of relentlessness. Death itself is relentless. But this is not just any funeral march. It is a funeral march on the death of a hero. 


Heroes are often controversial figures. Beethoven had his own experience with that. He greatly admired Napoleon as liberator of the people and planned to dedicate his third symphony to him. But when Napoleon declared himself emperor, which Beethoven interpreted as a token of personal ambition that would ultimately lead to tyranny, he crossed out the dedication, already written on the title page, and the symphony became known as “Eroica.” (1803)


True heroes put their individual well-being  and ambition aside for the sake of what they consider a higher goal. Beethoven himself, on the verge of suicide because of his growing and irreversible deafness, decided not to follow through, because he felt there was so much left he had to give to the world. (Heiligenstadt Testament 10/6/1802, a year after the completion of the sonata)


Beethoven, Heiligenstadt Testament, 10/6/1802

The way I see it, Beethoven’s funeral march on the death of a hero expresses the agony of a sacrifice like that. The overall dynamic is soft; piano - a hint of resignation ? The pain under the surface breaks through in sudden, surprising changes of dynamics, while the relentless rhythms levels all individual expression. 


There is no relief in memory, as in the middle section of Chopin’s funeral march. In the drum rolls and trumpet fanfares in the middle section of Beethoven’s composition we get a glimpse at bygone glory at best.  Maybe the most “personal” moment happens in the final phrase (M 71 ff) in the diverging lines hidden in the chord progression and the “outcry” before the drum finally fades.  


Expressing the pain under the surface of the stoicism is the challenge of the piece. It takes practice to endure it. I still don’t “like” the piece, but I’m awestruck by the composer’s mastery. 


Great art strives to express the truth. And that is not always pretty. 


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Dieses Stück wird mich wohl immer an eine gute Freundin von der Musikhochschule erinnern; sie spielte es im Abschlussexamen. Zur Vorbereitung trafen wir uns in den Wochen vor der Prüfung jeden Morgen um 8 und spielten uns gegenseitig unser Programm vor. Auf diese Weise lernte ich die Sonate ziemlich gut kennen. “Die Sonate wäre mein Lieblingsstück,” sagte meine Freundin, “wenn nur der verfluchte Trauermarsch nicht wäre…”


Damit konnte ich mich identifizieren. Der 2. Weltkrieg war noch sehr lebendig in den Erzählungen der Generation, die uns grossgezogen hat; und der Kalte Krieg vermittelte das Gefühl einer ständigen latenten Bedrohung. Mit Märschen verband sich die Vorstellung von Militär, Unterdrückung, Grausamkeit und Tod. Sogar der bekannte Pianist, Musikwissenschaftler und Lehrer Jürgen Uhde (1913-1991) schreibt in seiner Besprechung des Trauermarsches:  Der programmatische Inhalt solcher Stücke, wie sie ja bei Beethoven nicht selten sind, läßt uns heute etwas kühl, denn wir sind der Helden müde geworden, soweit sie sich kriegerisch betätigen.” (P 326, Jürgen Uhde, Beethoven’s Klaviermusik II, Sonaten 1-15, Stuttgart 1970)


Als ich die Sonate dann schliesslich selber spielte, musste ich meinen eigenen Weg zum Umgang mit dem Trauermarsch finden. Ich konnte mich mit dem Stück immer noch nicht anfreunden, und hatte eine sehr angeregte Diskussion mit meinem Lehrer über den Ausdruck des Stückes und den Gebrauch von Rubato. Ich sah darin ein Zeichen persönlichen Gefühlsausdrucks, den ich in einem Stück unangemessen fand, das die zerstörerische Kraft einer Maschinierie darstellt, die alle Individualität auslöscht.


In einem Vorspiel meiner Schüler vor einigen Wochen “teilte” ich mir die Sonate mit einer Schülerin, die sie gerade lernt, aber noch nicht soweit war, das gesamte Stück zu spielen. Sie führte den ersten und letzten Satz auf, ich übernahm die beiden Mittelsätze. 


Wieder blieb der Trauermarsch an mir hängen. Während ich das Stück auffrischte, entdeckte ich Aspekte, die mir den Weg zu einer anderen Wertschätzung eröffneten.  


Vielleicht ist dieser Satz das unheimlichste Stück, das Beethoven je geschrieben hat. Ich stellte fest, dass der musikalische Ausdruck mir Angst machte - die Gnadenlosigkeit einer Maschinerie, die alles niedermacht, was ihr in den Weg kommt, und die Ungeheuerlichkeit des geforderten Opfers. 


Jeder Trauermarsch hat etwas Gnadenloses. Der Tod selbst ist gnadenlos. Aber Beethovens Stück ist kein gewöhnlicher Trauermarsch. Es ist ein Trauermarsch auf den Tod eines Helden. 


Helden sind oft kontroverse Persönlichkeiten. Beethoven selbst hatte seine Erfahrung damit. Begeistert von Napoleons Verdiensten um die Republik, widmete er ihm seine 3. Sinfonie. Als Napoleon sich zum Kaiser ernannte und damit alle Bemühungen um die Republik in Frage stellte, nahm die Bewunderung ein jähes Ende. Beethoven strich die Widmung auf dem Titelblatt durch, so heftig, dass das Papier zerriss, und die Sinfonie wurde als “Eroica” bekannt. 


Wirkliche Helden stellen eigenes Wohl und Ambitionen zurück zugunsten eines höheren Ziels oder Zwecks. Dazu gehört auch Beethovens eigener Entschluss, sich der unheilbaren, fortschreitenden Taubheit nicht durch Selbstmord zu entziehen, weil er der Welt noch so viel zu geben hatte. 


(Heiligenstädter Testament, 6.10.1802)


Ich glaube, in Beethovens Trauermarsch kommt die Qual einer solchen Entscheidung zum Ausdruck. Piano - die vorherrschende Dynamik - gibt ihm etwas Resignierendes. Der unterdrückte Schmerz bricht in plötzlichen, überraschenden Wechseln der Dynamik hervor. Aber der unerbittliche Rhythmus macht jeglichen Ausdruck von Individualität zunichte. 


Anders als in Chopins Trauermarsch spendet der mittlere Abschnitt keinerlei Trost. Die Trommelwirbel und Fanfaren sind bestenfalls Erinnerung an vergangenen Ruhm. Der vielleicht “persönlichste” Moment findet sich in der letzten Phrase ( T 71 ff) in den auseinander strebenden Linien, die sich in der Akkordfolge verbergen, und dem “Aufschrei” in T 72 bevor die Trommel schliesslich verklingt. 


Die Herausforderung des Stückes besteht darin, den Schmerz zum Ausdruck zu bringen, der sich hinter der starren, gemessenen Oberfläche verbirgt. Man muss üben, das auszuhalten. Das Stück “gefällt” mir nicht, aber ich kann die Meisterschaft der Komposition würdigen.


Grosse Kunst sucht den Ausdruck von Wahrheit. Und die ist nicht immer schön oder angenehm.