Friday, June 14, 2013

“It sounded better at home” - before or after practice? / “Zu Hause ging es besser” - vor oder nach dem Üben?



“ I don’t understand this, I did it perfectly at home! You can’t believe how hard I’ve worked on this piece, and now everything is falling apart,” said one of my teenage students, really discouraged after she finished playing. 

“It sounded better at home” is a standard quote of the music student, and we’ve all been there, pianists especially. Playing on a different instrument most of the time when you perform poses an extra challenge. Nothing sounds the same or feels the same. 

If you’re used to playing on an upright and have to switch to a grand piano, the music stand is farther away. You can’t look at your hands any more while you play, you’re dependent on feeling the keyboard exclusively, and if you’re not used to that, you’re in trouble. You start to play from memory, and when you look at the page you find that you’ve lost your place. Few situations are more accident-prone. While you’re trying to find your place on the map, the music in your mind that kept the fingers going stops, and your fingers come to a screeching halt as well. 

More often than not, that’s it. Unless you have starting points, and you’ve really practiced them, the promising performance dies an untimely death. 

We talked about all these things, but my student still wasn’t satisfied. “I’ve worked on nothing but this piece all week. Last night at the end of my practice I could play it perfectly!” 

My thoughts went back to the condition the piece was in a week ago. The first page was making progress, the second page was still in a somewhat rudimentary stage. My student had only just started to learn the notes, but she was determined to get the piece ready for the recital tomorrow.

“You mean, the piece was perfect only after you worked on it for some time?” She nodded. “Yes, I was just sailing through.”    
I sensed the dawning of a deep insight into the nature of learning to play the piano.

“ Of course, it’s bound to get better in the course of your practice session. That’s why you practice in the first place. Your explore what the music sounds like, and through repetition, your fingers learn the correct motions that bring it out on the keyboard. After a while the motions become automatic. Your fingers find their way all by themselves without your conscious control. When that happens, you’re able to play the piece, but the test situation is the first time you sit down and play, not the last time at the end of your practice session. When was it that your piece came out perfectly?”

“ Well, I guess after I’d been working on it for a while.”

“ That means you’re comparing two completely different situations. A friend of mine had a teacher in college who used to say: Get up in the morning, no shower, no breakfast, go to your instrument and play your program. Whatever you get to hear, that’s your true level.”

We talked about learning new vocabulary in a foreign language. You read through your list, work on it for a while, then you go and do something else. When you return the next day you’ll find that some words are starting to stick, but there are others that you’ve forgotten. You have to review them, and you have to keep doing that until you remember them spontaneously whenever you need them. My student could see the point. 

“ In other words, it’s kind of useless to try and cram something into your fingers at the last minute, “ she said - still a little disappointed, but at peace with the fact that she won’t be performing the piece tomorrow, and convinced that her efforts this week weren’t completely wasted. “I can play the piece for my family in a few weeks, all it needs is a little more time.”   
---------------
“Ich verstehe das nicht, zu Hause konnte ich das Stück perfekt spielen! Du kannst dir nicht vorstellen, wie hart ich daran gearbeitet habe, und nun geht alles schief,” sagte meine 13-jährige Schülerin enttäuscht, nachdem sie zu Ende gespielt hatte.

Der Spruch “Zu Hause ging es besser” gehört zum Standardrepertoire des Musikschülers, und es ist uns allen schon passiert, besonders den Pianisten. Ständig auf fremden Instrumenten spielen zu müssen ist schon eine besondere Herausforderung. Der Klang ist anders, der Anschlag, nichts ist wie gewohnt.

Wer ein Klavier zu Hause hat, muss sich am Flügel auf den grösseren Abstand zum Notenpult einstellen. Man kann nicht mehr während des Spiels auf die Hände gucken, und muss sich ganz aus das Tastgefühl verlassen. Wer das nicht gewöhnt ist, hat ein Problem. Man fängt an, auswendig zu spielen, und stellt beim Blick auf die Noten fest, das man nicht mehr weiss, wo man dran ist. Kaum eine Situation ist mehr absturzgefährdet. Während man versucht, seinen Standort auf der “Landkarte” zu finden, setzt die Musik im Kopf aus, die die Finger am Laufen gehalten hat. 

Nicht selten war’s das dann. Wer keine “Einstiegsstellen” geübt hat, findet selten nach Hause und die vielversprechende Aufführung findet ein vorzeitiges, unrühmliches Ende.

Wir sprachen über all diese Dinge, aber meine Schülerin war immer noch nicht zufrienden. “Die ganze Woche habe ich NUR dieses Stück geübt. Gestern abend am Ende meiner Übezeit ging es perfekt.”

Ich führte mir den Zustand des Stückes vor einer Woche vor Augen. Die erste Seite machte Fortschritte, aber die zweite war noch in ziemlich rudimentärem Stadium. Meine Schülerin hatte gerade erst angefangen, die Noten zu lernen, aber sie war entschlossen, sich das Stück bis zum Vorspiel am Wochenende ‘draufzuschaffen. 

“ Du meinst, du konntest das Stück perfekt spielen, nachdem du es eine Zeitlang geübt hattest?” fragte ich. Sie nickte. “Ja, da ging es wie am Schnürchen.”

Ich sah eine tiefgreifende Einsicht in die Natur des Lernprozesses beim Klavierspielen heraufdämmern.

“ Natürlich geht es besser, wenn du eine Weile geübt hast. Deswegen übst du ja schliesslich. Du eignest dir die Musik an, und durch Wiederholung lernen deine Finger die Bewegungen, durch die die Musik am Klavier zum Erklingen gebracht wird. Nach einiger Zeit werden diese Bewegungen automatisch. Deine Finger finden von selber ihren Weg, ohne dass du darüber nachdenken musst. Wenn das passiert, beherrschst du das Stück, aber die Testsituation ist das erste Mal, wenn du es spielst, nicht das letzte Mal am Ende einer intensiven Übephase. Wann konntest du das Stück denn perfekt spielen?”

“ Na ja, ich hatte wohl eine Weile daran geübt.”

“ Dann vergleichst du zwei verschiedene Situationen. Ein Bekannter von mir hatte einen Lehrer an der Musikhochschule, der sagte immer:  Morgens aufstehen, ungewaschen, ohne Frühstück das Programm spielen. Was Sie da zu hören bekommen, das ist Ihr Stand.”

Wir sprachen darüber, wie man eine Fremdsprache lernt. Man geht die Vokabelliste durch, arbeitet einige Zeit daran, und dann tut man etwas anderes. Wenn man sich am nächsten Tag wieder daransetzt, stellt man fest, das man einige Worte behalten, andere aber vergessen hat. Die muss man dann wiederholen, und das geht so lange, bis man sie spontan weiss wenn man sie braucht. Meine Schülerin fand das machte Sinn.

“Mit anderen Worten, es ist ziemlich sinnlos zu versuchen, sich in letzter Minute am Klavier noch etwas ‘draufzuschaffen,” sagte sie - immer noch ein bischen enttäuscht, aber sie sah ein, warum es besser ist, das Stück morgen nicht aufs Programm zu setzen, und sie verstand auch, dass ihre Bemühungen in der letzten Woche nicht umsonst waren. “Ich kann das Stück ja in ein paar Wochen meiner Familie vorspielen,” sagte sie, “ es braucht einfach noch ein bischen Zeit.”

1 comment:

  1. Very well said Birgit. I felt like you were talking to me! A former teacher once told me that "perfection" probably shouldn't be the goal as no piano performance is ever "perfect". The goal should be to play so well that only you are aware of the mistakes. If nothing else, that attitude helps an adult student play "through" the mistake and keep on trucking!

    ReplyDelete