Wednesday, January 17, 2018

Clearing Space - Platz schaffen


In the afternoon of Christmas Day I sit down at the piano to practice, but nothing goes. My mind is clogged and sluggish. It could be lack of sleep. I didn’t get home until 2 am and it took a while to wind down after singing excerpts from Bach’s Christmas Oratorio at the glorious Christmas Eve services at All Souls. But I sense that there’s more to it.


 My eyes scan the plant that winds along the ceiling of the music room, pampered and cared for throughout those eight years since it travelled with me from New Hampshire, concealed in a wastebasket. Regardless of good care, it’s been withering for a while, shedding leaves, new branches growing way too slowly to cover up the bald spots. I’ve been toying with the thought of taking it down




Half an hour later the wastebasket holds about fifty feet of “dead wiring.” I keep a few healthy cuts, and put them in water, in case I come to regret this. After two weeks I throw out all branches that haven’t grown roots, that’s most of them. Sometimes, I’ve gone into the music room just to enjoy the feeling of the empty space above my head.


The plant is only the beginning. Once neatly arranged rows of books on the shelves are yearning to be freed from the stacks that have piled up on top of them. Taking on the task means rearranging my entire library. I have to find a new place for the CDs on the top shelves. As I take them down and place them next to the stereo I realize why I haven’t listened to anything for so long: they were so high up you could barely reach them, let alone read the titles.

In the late afternoon of Christmas day, a CD is playing, and I can barely move between the stacks on the floor. They’re assigned to the categories that suggest a major attack of de-cluttering: Keep – toss - don’t know.





Photo albums change places with the dictionaries in the other room, and while I’m at it, I might as well throw out those first drafts of my memoir, which finally got finished in the fall. I’m sure I won’t ever read through these hand-written notes again - another shelf, freed of the burdens of the past. It’s 1am when I place the last box with discarded papers by the edge of the sidewalk for the recycling collection. I’m dusty, my bones are aching and I feel incredibly accomplished.

Discovering treasures deemed lost a long time ago is the reward of my impromptu clean-up spree: a cross-stitch project that miraculously disappeared just before it was finished and a series of photographs from one of the most memorable trips of my life. Give it a try and guess the location...







Two days later I launch an attack on the kitchen. There's nothing like a transatlantic move to force you into sorting out possessions, and I've been pretty good about not accumulating stuff since I relocated to the US in 2001. But I brought the ceramic coffee mugs, which I've collected since my student days. 

In Germany, I was “Birgit and her coffee mugs.” They were on public display in my kitchen in in Cologne and in Concord, NH. In my current apartment it’s not an option. I don’t use them a lot, and I don’t drink as much coffee as I used to, either.

This gift from my friend Birgit goes all the way back to college: Have a break.
Forty years later I'm still struggling with the same issue.
 Stations of my life pass by, as I take each one and ponder whether I still want it. Some I wouldn’t part with, but others I’ve forgotten I even owned. A wave of unexpected nostalgia hits me when pairs of mugs remind me of the time when I was married and always bought two of each.


Thirty cheerful coffee mugs are cleaned, packed up and ready to travel a to a new home. Let me know if you’re interested. A note to my friends: please, don’t bring any more mugs. The collection is closed and I indulge the feeling of empty space.

These mugs are staying.

Platz schaffen

Am Nachmittag des ersten Weihnachtstages sitze ich am Flügel und versuche zu üben. Nichts geht. Ich fühle mich geistig lahm und blockiert. Schlafmangel vielleicht – immerhin ich bin erst um zwei aus New York nach Hause gekommen, nach den glorreichen Aufführungen von Ausschnitten aus Bachs Weihnachtsoratorium mit dem Chor bei den Gottesdiensten zu Heiligabend in All Souls. Danach war mir noch nicht direkt zum Schlafengehen zumute.  Aber ich habe das Gefühl es steckt mehr hinter meiner Schlappheit.


Prüfend wandert mein Blick an der Pflanze entlang, die sich oben unter der Decke um das ganze Zimmer windet.  Mehr als acht Jahre habe ich sie gehegt und gepflegt, seit sie als „blinder Passagier“ in einem Abfalleimer mit aus New Hampshire kam. Trotz aller Bemühungen kümmert sie seit geraumer Zeit vor sich hin, verliert Blätter und die neuen Zweige wachsen nicht schnell genug nach, um die kahlen Stellen zu verdecken. Ich habe schon mehrfach überlegt, sie herunterzuholen.


Eine halbe Stunde später ist der Mülleimer voller kahler Zweige. Die frischen Ableger stecke ich ins Wasser falls mir die Aktion irgendwann leid tut.  Zwei Wochen später werfe ich alle weg, die keine Wurzeln gezogen haben, und das sind die meisten. Ich gehe jetzt manchmal ins Musikzimmer nur um das Gefühl der Freiheit über meinem Kopf zu genießen




Die Pflanze ist nur der Anfang. Einst sorgfältig sortierte Reihen im Bücherregal sehnen sich schon lange nach Erleichterung von den Stapeln, die sich kreuz und quer auf ihnen angesammelt haben: Geschenke, Neuerwerbungen, verliehene Bücher, die bei der Rückgabe nicht mehr auf ihren Platz passen. Ich muß meine gesamte Bibliothek neu organisieren. 

Die CDs räumen ihren Platz auf den beiden obersten Regalbrettern und wandern in die Nähe des CD-Spielers. Beim Räumen wird mir klar, wieso ich so lange keine mehr angehört habe: man kommt kaum dran, und die Titel kann man schon gar nicht lesen...

Am späten Nachmittag des Weihnachtstages läuft eine CD, und ich kann mir nur mit Mühe einen Weg zwischen den Stapeln auf dem Fußboden bahnen, die nach den Kategorien jeder größeren Aufräumaktion sortiert sind: „Wegwerfen“ , „Behalten“  und  „Weiß nicht.“


Die Wörterbücher im anderen Zimmer tauschen den Platz mit den Fotoalben. Dabei miste ich auch gleich die ersten hanfgeschriebenen Entwürfe meines Memoirs aus, das im Herbst endlich fertig geworden ist.  Ich werde sie bestimmt nie mehr durchlesen, und so wird noch ein Regal von den Schatten der Vergangenheit befreit.


Das Wiederfinden verloren geglaubter Schätze ist ein willkommener Nebeneffekt der Aktion: ein kurz vor Vollendung verschwundenes Kreuzstichprojekt, und eine Fotoserie von einer der eindrucksvollsten Reisen, die ich je gemacht habe. Ihr könnt gerne raten, wo das ist:






Um ein Uhr nachts stelle ich den letzten Müllsack mit Altpapier fürs Recycling an den Straßenrand. Ich bin staubig, spüre jeden Knochen im Leib und habe mich lange nicht mehr so erleichtert gefühlt.

Zwei Tage später nehme ich mir die Küche vor. Ein transatlantischer Umzug ist der beste Anlass seine Besitztümer zu verringern, den ich mir vorstellen kann. Seit ich 2001 in die USA ging, bin ich sparsam gewesen mit Neuanschaffungen. Aber die Kaffeetassen, die ich seit der Studentenzeit gesammelt habe, habe ich damals mitgenommen.

„Birgit und ihre Kaffeetassen“ - das war in Deutschland. In Köln und in Concord hatte ich alle in der Küche ausgestellt. In meiner jetzigen Wohnung ist kein Platz dafür. Ich benutze sie selten, und ich trinke auch nicht mehr soviel Kaffee wie früher.

Ein Geschenk von meiner Freundin Birgit aus der Studienzeit: Mach mal Pause.
Vierzig Jahre später habe ich immer noch das gleiche Problem...

 Erinnerungen an Orte und Menschen werden lebendig während ich jede Tasse in die Hand nehme und überlege, ob ich sie noch will. Manche würde ich nie weggeben, andere habe ich vollkommen vergessen. Eine unerwartete Welle von Nostalgie sucht mich heim, bei den Tassen, die ich doppelt habe, aus der Zeit, wo ich noch verheiratet war und immer zwei kaufte

Dreißig bunte, fröhliche Kaffeetassen warten frisch gespült und sicher verpackt in einer großen Kiste auf die Reise in ein neues Zuhause. Meldet Euch, wenn Ihr sie haben möchtet. Und eine Nachricht an meine Freunde: bitte bringt keine Tassen mehr mit. Die Sammlung ist geschlossen, und ich genieße das Gefühl von freiem Platz


Aber diese Tassen bleiben hier.

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