November 6 is election day in the United States. No matter which side people were on, I think most watched the prognoses with trepidation. I do not have citizenship in the United States, so I can’t vote. That fact brought no relief. I live here and we’re all in this together, in this country and beyond…
I usually teach on Tuesday and Wednesday, but had rescheduled my students on November 6 and 7 to be able to attend presentations and master classes that my teacher Seymour Bernstein was going to hold as part of the “Tonebase Piano Intensive” - a week-long piano seminar in Manhattan. They promised something to hold on to.
Seymour had planned to be there in person, but then he came down with Covid. Fortunately, it wasn’t a bad case and it didn’t prevent him from teaching online. Since I started to study with him in 1997, I’ve heard him present classes and lectures many times, often on the same pieces and similar topics. But it never gets old. At 97, the master continues to find new solutions and insights, delving ever deeper into the music and mining it for truth. The sounds he coaxes out of the piano are mesmerizing. “I’m going to teach the students how to play softly, “ he had told me in advance, his eyes shining with enthusiasm.
Seymour Bernstein on screen, teaching at the Tonebase Intensive
The sound on the piano is produced by throwing a hammer against the strings through lowering a key. The speed with which the hammer hits the strings determines the volume and quality of the sound. You have to lower the key very slowly to make a soft sound. Then again, if it’s too slow, you don’t get a sound at all. Perfecting the skill takes practice and patience. It’s much more difficult than playing loud.
Master Class |
I was tired when I got home on election night and I spared myself the news. The next morning, a glimpse at the NY Times headlines on my I-phone revealed what few expected: a clear victory. Disheartened, I put away the phone. Memories rose up in my mind: Obama’s victories in 2009 and 2013… Watching Hilary Clinton lose in the election that followed, and then presidency going to Joe Biden four years ago. In South Orange, people were celebrating in the streets in spite of Covid. And now - this.
Off to another day with Seymour’s presentations in the city. Music by Chopin and Brahms, a lecture on the development of the pedal and pedaling at the piano. We didn’t talk much politics during the break. The atmosphere was one of being stunned.
Seymour Bernstein and audience, on screen together at the end of the presentation |
In the evening I checked Facebook. My friend Steve Sandberg, pianist, composer and fellow student with Seymour, posted the following paragraph:
My day so far: Trauma, of course. Then I went to an online recovery meeting where people were very real and we all came to the same conclusion: Something very disturbing has happened that we cannot control in this moment. What we can do is NOT collapse - rather we can go forward supporting each other and continue to do the self-care and all the creative, positive things we are dedicating our lives to with courage. A friend put it beautifully - "My resolve to be a certain kind of human has strengthened." I'm not ignoring the news but I'm not diving into it either - in particular I'm focusing on glimmers of hope (an emerging resistance, explanations of why this is happening and what we can do about it). And I practiced for several hours, spoke to many friends, and will go to Mezzrow tonight to see my friend David Lopato make some beauty.
In that same sense, I’m thinking of Seymour’s “Spiritual Reservoir” that he often speaks of; in “Seymour, an Introduction” - the documentary Ethan Hawke made of him ten years ago - and in his books “With your own two hands”, in “Play Life more beautifully,” the book he wrote together with Andrew Harvey
We all carry the source of the sacred within us. We can tap into it to sustain ourselves and feed our spirit, at any time, independently of outward circumstances. I’m thinking of all the things Seymour has seen and done in his long life; the challenges he has faced and overcome - among them: performing on the front lines for soldiers during the Korean War …
MAY PEACE PREVAIL ON EARTH
It takes more skill to make a soft sound than to make a loud sound. You lower the key the slowly. A lot of practice and patience is required to develop the touch that lifts the hammer with that tender energy that brings about magical sounds…
Slowly and softly. Create beauty where we can. Create spaces where people can meet as people beyond the opinions that divide them. Create silence so we can listen to each other in search of common ground.
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Am 6. November wird in den USA gewählt. Unabhängig von ihrer politischen Einstellung, eine Stimmung von banger Erwartung schien diesmal alle erfasst zu haben. Ich habe keine Staatsbürgerschaft in diesem Land, also kann ich auch nicht wählen. Erleichternd war das nicht. Ich lebe hier, und was hier passiert, betrifft alle in diesm Land - und darüber hinaus.
Normalerweise unterrichte ich dienstags und mittwochs, aber am 5. und 6. November hatte ich meine Schüler verlegt, um Vorträge und Meisterklassen zu besuchen, die mein Lehrer Seymour Bernstein bei Tonebase Piano Intensive einem Klavierseminar in Manhattan halten würde - ein musikalischer Rettungsanker im politischen Sturm.
Seymour wollte eigentlich persönlich anwesend sein, aber das Universum hatte andere Pläne. Er bekam Covid. Zum Glück war es kein schwerer Fall, und vom Unterrichten liess er sich nicht abhalten.
Seit ich 1997 anfing, bei ihm Unterricht zu nehmen, habe ich viele seiner Meisterklassen und Vorträge besucht, oft über dieselben Stücke und Themen. Und trotzdem ist jedes Mal ein erstes Mal, bei dem es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Der Meister ist nun 97 Jahre alt, und wird nicht müde, immer tiefer in die Musik and das Klavierspiel einzudringen, nach immer neuen Wahrheiten zu suchen. Sein Spiel ist unvergleichlich schön und bedeutungsvoll. “Ich werde den Schülern beibringen, wie man leise spielt,” hatte er mir im voraus begeistert erzählt.
Seymour Bernstein beim Unterricht |
Wenn man eine Klaviertaste herunterdrückt, wird ein Hammer gegen die Saiten geschleudert. So entsteht der Ton. Lautstärke und Klangqualität entstehen aber nicht durch Druck auf die Taste, sondern durch die Geschwindigkeit, mit der Hammer auf die Saite trifft. Um leise zu spielen, muss man lernen, die Taste langsam nach unten zu bewegen. Wenn allerdings zu wenig Schwung da ist, erreicht der Hammer die Saiten gar nicht und es gibt überhaupt keinen Ton. Genau das richtige Mass an Schwung zu erfühlen erfordert Geduld und Geschicklichkeit. Es ist viel schwieriger als laut zu spielen.
Meisterklasse |
Müde kam ich abends nach Hause und sparte ich mir die Nachrichten. Ein Blick auf die Überschriften der New York Times auf meinem I-phone am nächsten Morgen zeigte ein Ergebnis, das wenige erwartet hatten: eine schnelle, klare Entscheidung. Niedergeschlagen legte ich das I-Phone weg. Erinnerungen wurden wach: Die Wahlsiege von Obama 2009 und 2013 und der folgende Wahlabend, als ich mit Freunden fassunglos am Fernsehen Hilary Clintons Niederlage verfolgte. Dann der Wahlsieg Joe Bidens vor vier Jahren. In South Orange feierten die Leute auf der Strasse, trotz Covid. Und jetzt - das!
Auf in die Stadt, zum zweiten Tag von Seymours Vorträgen. Musik von Chopin und Brahms; ein Vortrag über die Entwicklung des Pedals am Klavier, und den Umgang damit anhand von Literaturbeispielen. In der Pause sprachen wir leise, und nicht viel über Politik. Da war ein Gefühl von Erstarrung anlässlich der neuen Situation.
Ende des Vortrages: Seymour und Publikum gemeinsam auf der Leinwand |
Abends zu Hause ging ich auf Facebook. Mein Freund Steve Sandberg, Pianist, Komponist und ebenfalls Schüler von Seymour, schrieb folgendes:
Mein Tag bis jetzt: Trauma, natürlich. Dann besuchte ich ein Treffen einer Online Selbsthilfegruppe und wir kamen alle zu dem gleichen Schluss: Etwas äusserst Beunruhigendes ist passiert, das sich im Augenblick unserer Kontrolle entzieht. Was wir tun können ist: nicht aufgeben und zusammenbrechen. Statt dessen können wir uns weiterhin gegenseitig unterstützen, für unser körperliches und geistiges Wohlergehen sorgen, damit wir mutig die kreativen und positiven Dinge fortführen können, denen wir unser Leben gewidmet haben. Ein Freund sagte: “Mein Vorsatz, ein guter Mensch zu sein, ist stärker denn je.” Ich ignoriere die Nachrichten nicht, aber ich lasse mich auch nicht davon ersticken. Ich orientiere mich an Funken von Hoffnung ( aufkeimendem Widerstand, Versuchen, zu erklären, wie das passiert ist und was wir tun können.) Ich habe dann ein paar Stunden geübt, mit vielen Freunden gesprochen, und heute Abend gehe ich zu Mezzrow um zuzuhören, wie mein Freund David Lopato schöne Musik macht.
Seymour’s “Spirituelles Reservoir” kommt mir in den Sinn, von dem er so oft spricht, in Seymour, an Introduction, dem Dokumentarfilm, den Ethan Hawke vor 10 Jahren von ihm machte; in seinen Büchern “Mit eigenen Händen” und in Play Life more beautifully, das er mit Andrew Harvey schrieb. Die “Gottheit in uns,” so nennt er es oft, aus der wir jederzeit Kraft und Inspiration schöpfen können, unabhängig von äusseren Umständen.
Ich denke an all die Herausforderungen, die Seymour in seinem langen Leben begegnet sind und die er gemeistert hat - unter anderem hat er im Koreakrieg für Soldaten an der Front Konzerte gegeben.
MÖGE FRIEDEN AUF ERDEN HERRSCHEN
Es ist viel schwieriger, leise als laut zu spielen. Man muss viel Übung und Geduld aufbringen, bis der Hammer die Saiten mit der sanften Energie berührt, die zauberhafte Töne hervorbringt. ..
Langsam und leise. Schönheit hervorbringen, wo immer es geht. Gelegenheiten schaffen, wo sich Menschen als Menschen, und nicht als Repräsentanten von Meinungen begegnen können. Und still werden, damit wir einander zuhören können auf der Suche nach Gemeinsamkeit.
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